Ich unterrichte schon ziemlich lange.
Und ich unterrichte noch immer sehr gern.
Am meisten Spaß macht es mir, neue Themen zu erarbeiten, neue Methoden und Angebote für die Kinder zu finden oder selbst zu erfinden, intensiv an einem Thema dran zu bleiben, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern neugierig zu bleiben, mehr wissen zu wollen, zu lesen, zu recherchieren, zu diskutieren, zu basteln, ein passendes Lied zu singen, eigene Strophen zu dichten, noch eine ganz coole Plakatwand zu gestalten .... bis ich dann immer durch das Läuten der Pausenglocke viel zu früh aus meinen Träumen gerissen werde.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma, den ich daher meist einmal im Jahr finde, ist ein Projekttag ohne Schulglocke. Ein aktuelles ansprechendes Thema ist
schnell gefunden, es wächst, nimmt Gestalt an, ich suche bewusst nach Material, viele Ideen fliegen mir von selbst zu. Über Wochen und Monate wird so ein Projekt zeit- und materialintensiv
vorbereitet, doch ist es dann auch immer sehr befriedigend und beglückend, wenn die Kinder ganzheitlich bei der Sache sind, wenn sie lernen wollen, wenn bei Schülerinnen und Schülern
intensive Prozesse in Gang gesetzt werden und wenn eine ganze Schule gemeinsam am Werk ist.
Doch mit meinem "gelernten" Fach Religion ist mein Projekthunger noch immer nicht gestillt.
Mit den Lese- und Kreativstunden in der Schulbibliothek versuche ich den Kindern die Kinderliteratur als eine Schatzkiste voll Fantasie und
Kreativität zu öffnen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass die Kinder, die vielfach in einer regelrecht bücherfeindlichen Welt groß werden, erkennen, dass Bücher wirklich Schätze sind, dass mehr
zwischen zwei Buchdeckeln steckt als Buchstaben und Zeichen, dass die Welt der Fantasie wirklich grenzenlos ist und eine Geschichte nicht nach dem letzten Satz zu Ende ist. Meine
Kinderliteraturprojekte folgen dem Grundgedanken, dass man aus jeder Geschichte etwas machen kann und dass jede Geschichte etwas aus mir macht. So geht das Lesen oft nahtlos über ins Zeichnen,
Spielen, Gestalten, Essen, Basteln, Raten, Tanzen, Reimen und Präsentieren.
Vorbereitung:
Gleich eine Mappe/Schachtel und einen Ordner am Computer anlegen, wenn die erste Idee kommt!
Das Thema, den geplanten Ablauf und die Intention des Projekts frühzeitig bei der Konferenz vorstellen, den Ablauf mit den Kolleginnen und Kollegen besprechen, damit niemand einen (stundenplantechnischen) Nachteil hat.
Mithilfe organisieren - Kolleginnen, Eltern, Freunde, die Zeit haben
Rechnungen für Material aufheben (Ich bin da leider immer sehr schlampig bzw. unfreiwillig großzügig.) und mit der Schule/dem Schulerhalter verrechnen.
Im Unterricht/in der Schule:
Ca. 1 Monat bis 2 Wochen vorher beginnt ein Unterrichtsschwerpunkt, in dem das Thema vorgestellt wird, evtl. einen Film zeigen, Medien einsetzen, Bücher lesen, das Thema mit der Lebenswelt der Kinder "verlinken" oder ausgiebig bekannt machen, sodass die Kinder selbst aufmerksam werden, wenn sie etwas ähnliches hören oder lesen. Zeichnungen, Plakate, Deko-Elemente für den Projektraum oder das ganze Schulhaus vorbereiten und auch schon frühzeitig anbringen.
Plakate gut sichtbar aufhängen und in Absprache mit der Schulleitung und den Kolleginnen einige Zeit hängen lassen, das erhebt so einen Projekttag dann weit über eine "Eintagsfliege" hinaus und sorgt für Nachhaltigkeit.
Bei meinen Projekttagen lade ich abhängig vom Thema alle Kinder der Schule ein, von der 1. bis zur 4. Klasse, egal welche Religion oder Konfession sie haben. Viele Stationen sind einfach Angebote für KINDER, (fast) alle Kinder malen, basteln, spielen, bauen, kosten... ja gern. Ausgeprägt christliche oder religiöse Stationen (Gebetsecke, Bibel-Lesezelt o.ä.) müssen ja nicht gewählt werden. Wenn ein Kind auf keinen Fall mitmachen will oder darf (Wichtig! Elterninformation!), gibt es immer eine Lösung mit einer Beaufsichtigung in einer anderen Klasse.
Stundenplantechnisch gestalte ich in Absprache mit dem Team einen Projekttag dann so, dass in der 1. und 2. Stunde zwei bis drei Klassen die Stationen besuchen, nach der großen Pause dann wieder zwei bis drei Klassen. (siehe Beispiel im Anhang) Mehr als 50 Kinder sollten nicht zugleich am Werk sein, da wird dann der Arbeitslärm unangenehm.
Es ist fast bei jedem Thema möglich, Angebote für alle Sinne zu entwickeln: Kostproben oder einfache kleine Speisen selbst machen, ein Gewürz-Memory, CDs mit Musik aus fernen Ländern hören, Tanzen, KIM-Spiele, Basteln, und vieles mehr sprechen die Kinder in ihrer Ganzheitlichkeit an. So wird ein Projekttag dadurch zu einer runden Sache, zu einem besonderen Gemeinschaftserlebnis von Groß und Klein, und auch Integrationskinder oder Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache können bei den nicht-kognitiven, nicht sprachlich-dominierten Angeboten oft brillieren. Lückentexte, Laufdiktate, Leseaufgaben, Quize, etc. haben die Schüler im allgemeinen Unterricht oft genug. Ich versuche bei meinen Projekten und auch bei gewöhnlichen Stunden, so gut es geht einen lockeren, lustigen, aus der Sicht der Kinder natürlichen, selbstverständlichen Zugang zum Thema zu finden, einen großen, großzügigen Rahmen mit vielen möglichst verschiedenen Elementen mit ganz klar definierten Zielen und Kompetenzen.
Aus meiner Erfahrung nach vielen Projekttagen ist ein Stationenpass und eine vorgeschriebene Abfolge der Stationen NICHT nötig, im Gegenteil sogar hemmend und bringt manche Kinder in eine ungute Wettbewerbssituation ("Ich bin Erster!"). Kinder werden im Fall, dass sie ohne Stationenpass unterwegs sind, genötigt und befähigt zu wählen, sich bewusst für eine Aufgabe, ein Spiel zu entscheiden, und sich in der Kleingruppe auch zu einigen und Kompromisse zu schließen.
Zwei Aspekte sind wesentlich: Das Angebot ist so attraktiv und einladend zu gestalten, dass die Kinder die Stationen gerne besuchen und auch gerne die Aufgaben erledigen. Es hat wenig Sinn, vorzugeben "Du musst das Quiz machen, denn das ist Station Nr. 11 und dann kriegst einen Stempel!" Viel wird dabei nicht hängen bleiben. Das Kind, das jedoch gerne Rätsel löst und Quize macht, wird dabei glücklich sein und viel lernen.
Und zweitens: Ich bin überzeugt, dass auch ein Kind, das sich vornehmlich bei der Spielestation aufhält und keine einzige Station mit "mühsamen" Lesetexten und anspruchsvollen Basteleien absolviert (Das betrifft auch die Kinder der 1. Klasse oder behinderte Kinder.) trotzdem, einfach beim Dabeisein, beim Zuschauen, wie die Größeren bei der Sache sind, beim Einatmen der konzentrierten und freudvollen Atmosphäre eine Menge beobachtet und lernt. Und unterschätzen darf man sowieso nie ein Kind. Es wurden auch schon vermeintlich "wilde" Buben ruhig und konzentriert bei einer Stilleübung gesehen! :-)
Der Projekttag selbst:
Zu Beginn eines Projekttages versammeln sich die Klassen an einem geeigneten Ort und erhalten eine Einführung. Ein Lied, eine Geschichte, ein Impuls versetzt die Schülerinnen und Schüler meist rasch in einen angeregten Modus. Eine Zeitreise oder Fanstasiereise ist ideal, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz tief eintauchen in das Thema, das sie an diesem Tag beschäftigt.
Dann werden alle Stationen in einem kurzen Überblick erklärt, anschließend gehen die Kleingruppen los. Sogar ganz junge Schülerinnen und Schüler verstehen rasch, sich eine Alternative zu suchen, wenn eine angestrebte Station bereits besetzt ist. Ein Spieletisch, eine gemütliche Lese-Ecke, o.ä. an zentraler Stelle helfen dabei ebenfalls, dass niemals Langeweile aufkommt oder ein Stau entsteht. Es muss einfach mehr Angebot (Stationen) als Nachfrage (Kleingruppen) geben! Spiele, Memorys u.ä. stelle ich darüber hinaus immer doppelt oder dreifach her.
Alles soll einfach und einladend gestaltet sein, sodass man nach einer kurzen Erklärung vor Ort schon beginnen kann.
Bei den Stationen, wo geschrieben, gezeichnet, gebastelt wird, liegen Stifte, Radierer, Spitzer, Scheren bereit. Die Kinder können sich also mit freien Händen und offenen Augen, Ohren und Herzen auf den Stationenbetrieb einlassen und müssen nicht dauernd daran denken, ihr Federpennal mitzutragen.
Abschluss:
Eine Abschlussrunde nach den Stationen mit einer Zusammenfassung, einem eventuellen Ausblick und einem Dank an alle Helferinnen und Helfer rundet den Projekttag ab. Es ist immer sehr wertschätzend, den Helferinnen und Helfern ein kleines Dankeschön in Form einer Süßigkeit oder einer schönen Spruchkarte zu überreichen.
Ergebnisse wie Zeichnungen und Plakate oder Fotos sollen bald im Schulhaus aufgehängt werden.
Nachbereitung:
Im Unterricht sollte danach noch mindestens eine oder zwei Stunden das Thema weiter behandelt werden.
Mit Symbolen aus Filz zum Auflegen können Nachbesprechungen sinnvoll gegliedert werden. Diese Symbole finden sich auch auf einem Erinnerungs-Arbeitsblatt fürs Heft wieder.
Die beim Projekttag verwendeten Spiele eignen sich ebenfalls für eine Nachbearbeitung des Themas.
Fragezeichen: Ich habe da noch eine wichtige Frage!
Herz: Das hat mir am besten gefallen!
Hirn: Das will ich mir merken!
Schreib mir, was du von den Ideen hältst und wenn du noch Fragen hast!